„Ausblick – Baujahr 2018“ von Dipl.-Betriebswirt Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e.V. (BVMB)

Bauwirtschaft boomt wie lange nicht mehr - Es ist aber nicht alles Gold, was glänzt

Die starke Binnennachfrage, die sprudelnden Bauinvestitionen, die dynamische Beschäftigungsentwicklung und die niedrigen Zinsen haben dem Bauhauptgewerbe in 2017 ein Rekord-Baujahr beschert. Sowohl im Wohnungsbau als auch im öffentlichen Bau und dem Wirtschaftsbau waren nicht nur die Stimmung, sondern auch die Auftragslage und der Umsatz äußerst positiv. Mit Blick auf das Jahr 2018 wird sich ein ähnliches Gesamtbild ergeben: Alle Frühindikatoren deuten auf eine ähnliche Entwicklung wie in 2017 hin. Erste Einschätzungen zur Entwicklung der Bauinvestitionen in Deutschland verheißen durchweg Gutes: Lag in 2017 gegenüber 2016 die reale Steigerung bei 4,1 %, so soll es in 2018 ein Plus von 2,8 % geben. Für den Wohnungsbau wird 2018 ein reales Plus in Höhe von 3,7 % erwartet, für den gewerblichen Bau von 1,3 % und für den öffentlichen Bau von 1,8 %.

Im Bauhauptgewerbe herrscht unisono Hochstimmung, wäre da nicht immer noch die zu geringe Gewinnmarge in weiten Teilen des Bauhauptgewerbes. Obwohl die Bauwirtschaft boomt, bleiben die Gewinne auf niedrigem Niveau. Schuld daran sind hohe bis drastische Preissteigerungen bei fast allen Rohstoffen und Baumaterialen, bei den meisten Zulieferern, bei den Energie- und Umweltkosten, bei Deponiekosten etc. Die Bauunternehmen selbst profitieren leider nur in geringem Umfang von den gestiegenen Umsätzen und Auftragslagen. Außenstehenden ist diese für viele Bauunternehmen unbefriedigende Situation aber meistens nicht bekannt.

Ein weiteres Problem für die Bauunternehmen stellen die signifikant zugenommenen, häufig rechtswidrigen Aufhebungen von Ausschreibungen in den vergangenen Jahren dar. Regelmäßig werden Aufhebungen von Ausschreibungsverfahren von den öffentlichen Auftraggebern mit dem Argument begründet, dass kein wirtschaftliches Angebot vorgelegen habe. Konfliktpunkt ist meistens das Auseinanderfallen von auftraggeberseitiger Kostenschätzung und den Preisen der tatsächlich im Wettbewerb erstellten Angebote. Ein wesentlicher Grund für die Zunahme von Aufhebungen liegt nach Beobachtung der BVMB darin, dass Schätzkosten der Auftraggeber auf Grundlage der Ergebnisse früherer Auftragsvergaben ermittelt werden. Oder anders ausgedrückt: Die Erwartungshaltung der öffentlichen Hand stimmt aufgrund einer nicht ordnungsgemäßen oder nicht aktualisierten Kostenschätzung in den meisten Fällen nicht mit der Wirklichkeit überein. Der öffentliche Auftraggeber muss seine Kostenschätzung aber auf den Zeitpunkt des Beginns des Vergabeverfahrens abstellen, also auf den Tag, an dem die Auftragsbekanntmachung abgesendet oder das Vergabeverfahren in sonstiger Weise eingeleitet wird. Nur dann erhält er eine ordnungsgemäße Kostenschätzung! Die BVMB empfiehlt allen Bauunternehmen, nach der Aufhebung einer Ausschreibung Informationen zur Kostenschätzung und zu den Rahmenbedingungen vom Auftraggeber einzuholen und die Aufhebung zu rügen oder vergaberechtlich überprüfen zu lassen.

Der Fachkräftemangel und die Nachwuchssicherung hat sich für die Bauwirtschaft zu einem gewaltigen Stolperstein entwickelt. Der steigende Personalbedarf bereitet nahezu allen Bauunternehmen zunehmend Kopfzerbrechen. Es gibt immer mehr offene Stellen, aber immer weniger Arbeitssuchende. Hinzu kommt das Problem, dass immer mehr Lehrstellen aufgrund fehlender oder ungeeigneter Bewerber unbesetzt bleiben. So blieben im Ausbildungsjahr 2016/2017 mehr als 5200 Stellen unbesetzt.
In der Bauwirtschaft ist der eklatante Fachkräftemangel besonders ausgeprägt, auch weil die Altersstruktur dort sehr unausgewogen ist. Fast ein Drittel der gewerb-lichen Mitarbeiter werden in den kommenden 10 Jahren altersbedingt in den Ruhestand gehen, aber es steht schon jetzt fest, dass höchstens die Hälfte der frei-werdenden Stellen mit jungen Nachwuchskräften neu besetzt werden kann. Daraus resultiert eine schon heute bedenklich zunehmende Abwerbequote in der Bauwirtschaft. Lag die Quote im Jahr 2007 noch bei lediglich 1 %, so sind es heute schon 12 % der Bauunternehmen, die ihren Mitbewerbern ihre Mitarbeiter abwerben. Es wundert daher nicht, dass die Bauwirtschaft dem Fachkräftemangel und der Nachwuchssicherung inzwischen größte Priorität beimisst. Es bleibt zu hoffen, dass die von der Bauwirtschaft eingeleiteten, vielfältigen Wege zur Behebung des Personalproblems möglichst bald Wirkung zeigen. Erfolgversprechende Schritte hierzu sind die Erweiterung der dualen Ausbildungsangebote, die Erhöhung der Aufstiegsfortbildung mit attraktiven Karrieremöglichkeiten, zahlreiche Nachwuchskampagnen, die Suche nach Fachkräften im europäischen Ausland für den hiesigen Arbeitsmarkt, viele individuelle Nachwuchsprogramme einzelner Bauunternehmen u. v. m.

Gespannt, aber auch besorgt verfolgt die Bauwirtschaft die aktuellen Bemühungen zur Regierungsbildung. Die deutsche Bauwirtschaft dringt auf die baldige Bildung einer neuen Bundesregierung, denn die Unternehmen brauchen möglichst schnell Klarheit darüber, wie es in Deutschland politisch weitergeht. Wichtig sind für die Bauunternehmen rasche, substanzielle und die Interessen der Bauwirtschaft berücksichtigende Ergebnisse. Die BVMB fordert die Bildung einer stabilen Regierung, bei der Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht. Für die Bauwirtschaft ist die rasche Regierungsbildung schon allein deshalb wichtig, weil der bisher vorläufige Haushalt möglichst schnell endgültig sein sollte, damit die Investitionen in die Infrastruktur und der derzeitige wirtschaftliche Aufschwung der Bauwirtschaft fortgesetzt werden können. Neben der dringend erforderlichen Verstetigung der Investitionen geht es auch um die Beseitigung der bestehenden Produktivitätsengpässe, z. B. im Bereich der Planungsprozesse und der Digitalisierung, die Sanierung von tausenden von Straßen und Brücken, die Beseitigung der Wohnungsnot, die Abkehr von der weiteren Erhöhung des Renteneintrittsalters u. v. m. Außerdem fordert die Bauwirtschaft, die bisherige Trennung der Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik aufzugeben und die Bau- und Infrastruktur in die Hand eines einzigen Bundesministeriums zu legen.

gilka im gespraech

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